Blick zurück auf 2017:
Die Konferenz: "Kulturwandel in der Wissenschaft steuern"
Die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit ist mittlerweile ein elementarer Bestandteil im Diskurs um die Sicherung der Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Die Praxis zeigt jedoch, dass strukturelle und institutionelle Rahmenbedingungen weiterhin unterschiedliche Wirkungen auf die Etablierung von Frauen und Männern in Wissenschaft und Forschung haben. Diese Diskrepanz zwischen der diskursiven Präsenz von Geschlechtergerechtigkeit, den Aktivitäten auf unterschiedlichen politischen und institutionellen Ebenen auf der einen Seite und der konkreten Situation in den Wissenschaftsorganisationen auf der anderen Seite, stand im Fokus der Konferenz.
Beteiligt waren die Funktionsspitzen aus Bundes- und Länderpolitik, Wissenschaftsorganisationen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Hochschulleitungen und Gleichstellungspolitik. Auf der Basis der Erfahrungen mit bisherigen Reformprozessen wie der „Offensive für Chancengleichheit“ und den „Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards“ der DFG bot die Konferenz den Rahmen, einen neuen Prozess anzustoßen. Ziel war die Vereinbarung verbindlicher Handlungsstrategien für mehr Geschlechtergerechtigkeit und Exzellenz in Wissenschaft und Forschung.
Das Projekt
In Kooperation mit der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (bukof) fokussierte das Projekt GENDER 2020 die Beantwortung der Frage, wie Gleichstellung in Zukunft durchgängig und verbindlich gesteuert werden kann, um einen nachhaltigen Kulturwandel in Wissenschaft und Hochschule produktiv zu befördern.
Das Projekt sollte dazu beitragen, neue Perspektiven zur Steuerung von Gleichstellung mit dem Ziel der Schaffung einer geschlechtergerechten Wissenschaftskultur zu erarbeiten. Durch die Reflexion und Bündelung von Wissens- und Erfahrungsbeständen von Expertinnen und Experten aus Wissenschaftsorganisationen und -politik, Geschlechter- und Hochschulforschung sowie der Gleichstellungspraxis wurden im Rahmen des Projekts Steuerungs- und Handlungsoptionen zur Förderung eines Kulturwandels unter dem Vorzeichen der Geschlechtergerechtigkeit erarbeitet.
Projektteam:
Das Vorhaben „Gender 2020 – Perspektiven und Strategien zur Förderung einer geschlechtergerechten Wissenschaftskultur“ wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Förderkennzeichen 01FP1505) und an der Universität Bielefeld durchgeführt. Die Projektumsetzung wurde in Kooperation mit dem bukof-Vorstand, ihrer Geschäftsstelle und den bukof-Mitgliedern gestaltet.
Projektleitung:
Dr. Uschi Baaken, Gleichstellungsbeauftragte der Universität Bielefeld
Mitarbeiterinnen:
Dr. Anna Orlikowski
Ann-Christin Kleinert, M.A.
bukof-Vorstandsmitglieder:
Dr. Uschi Baaken, Universität Bielefeld
Dr. Sybille Jung, Universität des Saarlandes
Dr. Mechthild Koreuber, FU Berlin
Anneliese Niehoff, Universität Bremen
Dr. Kathrin van Riesen, Leuphana Universität Lüneburg
bukof-Geschäftsstelle:
Caren Kunze
Projekthintergrund und Zielsetzung
Projekthintergrund und Zielsetzung
Die Ausgangssituation für das Projekt bildet der weitreichende Wandel der Gleichstellungspolitik in der Wissenschaft, der in den letzten Jahrzehnten fortschreitet. Von der Institutionalisierung der Frauenförderung, der Verabschiedung gesetzlicher Grundlagen für gewählte Vertreterinnen und Beauftragte hat sich im Zuge der Transformation des Wissenschafts- und Hochschulsystems auch die Gleichstellungsarbeit verändert. Die Etablierung neuer Governanceformen und veränderte Erwartungen an den gesellschaftlichen Auftrag von Hochschulen haben dazu beigetragen, dass Gleichstellung aus der Nische der Frauenförderung herausgehoben und als inhärente Aufgabe von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen etabliert wurde.
Im Zuge dieser Transformation wurden seit den 1990er Jahren auf unterschiedlichen politischen Ebenen Programme und Instrumente zur Steuerung von Gleichstellung in Hochschule und Wissenschaft eingeführt sowie Empfehlungen ausgesprochen. Zu diesen Steuerungsansätzen gehören u.a.:
- Auf der Ebene des Bundes Maßnahmen wie das Professorinnenprogramm und "Frauen an die Spitze"; Zielquoten für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen im Rahmen des Pakts für Innovation und Forschung
- Landesprogramme wie z.B. das , das Landesprogramm für geschlechtergerechte Hochschulen NRW, die niedersächsische Dialoginitiative Geschlechtergerechte Hochschulkultur, Berichtspflicht im Rahmen der Landesgleichstellungsgesetze, Zielvereinbarungen zwischen Länden und Hochschulen im Rahmen von Hochschulverträgen
- Entsprechende Paragraphen in der Hochschulgesetzgebung sowie Satzungen zu Frauenförderung
- Hochschul- und wissenschaftspolitische Initiativen und Empfehlungen
- Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Chancengleichheit von Frauen in Wissenschaft und Forschung (1998 & 2007)
- Allianz der Wissenschaftsorganisationen: Offensive für Chancengleichheit sowie Bestandsaufnahme und Empfehlungen (2006 & 2012)
- Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): Forschungsorientierte Gleichstellungsstandards (2008)
- Auf der Ebene der Hochschulen Frauenförderrichtlinien; Zertifizierungen wie Total-E-Quality, audit familiengerechte hochschule; zentrale und dezentrale Gleichstellungskonzepte; Gleichstellungs- und Frauenförderpläne; Integration in Steuerungsinstrumente wie Zielvereinbarungen und Leistungsorientierte Mittelvergabe; vielfältige aufeinander abgestimmte Einzelmaßnahmen
- Frauenförderprogramme und Zielquoten auf der Ebene der außeruniversitären Forschungseinrichtungen
Dennoch wird Gleichstellung als Ziel von Hochschul- und Wissenschaftspolitik erstens bisher wenig synchronisiert, Berliner Chancengleichheitsprogramm nur punktuell und wenig nachhaltig und Berliner Chancengleichheitsprogramm wird wenig verbindlich gesteuert. Zudem fehlt Berliner Chancengleichheitsprogramm die explizite Adressierung des Kulturwandels bei den unterschiedlichen Steuerungsinstrumenten.
Das Projekt basiert auf der Annahme, dass die systematische Diskussion bisheriger gleichstellungspolitischer Steuerungsansätze im Sinne einer Bestandsaufnahme mit einer differenzierten Analyse der Kultur auf Ebene der Wissenschaftseinrichtungen sowie der Disziplinen verbunden werden muss, um neue Perspektiven und Umsetzungsstrategien von gleichstellungspolitischer Steuerung zu erarbeiten. Um entsprechend neue inhaltliche Impulse in die hochschulpolitische Debatte einzubringen und innovative Instrumente zu entwickeln, werden die Reflexion bisheriger Steuerungsprozesse, die Sichtung internationaler Good-Practice-Beispiele und die praxisorientierte Auseinandersetzung mit der Forschung zu Wissenschaftskultur und Geschlecht gebündelt und miteinander verzahnt.
Es ist davon auszugehen, dass es zukünftig ineinander verzahnter Initiativen und gleichzeitig allgemeiner wie spezifischer Standards bedarf, deren Umsetzung kontinuierlich überprüft wird, um zu gewährleisten, dass die Wissenschaftskultur flächendeckend gleichstellungsgerecht gestaltet ist und nicht von einer Forschungseinrichtung zur anderen differiert.
Blick in Richtung 2025:
Wo stehen wir heute? Eine Bilanz
Vier Jahre nach der Konferenz, auf der die Spitzen von Wissenschaftsorganisationen, Politik und Hochschulen miteinander diskutiert und Ziele vereinbart haben, ist es an der Zeit, gemeinsam zu reflektieren, was sich seitdem verändert hat und wie wir auch in Zukunft die Hochschul- und Wissenschaftslandschaft geschlechtergerechter gestalten können.
Wir haben bei den Spitzen der Wissenschaftsorganisationen nachgefragt und um Bilanz gebeten:
- Was konnte von der Konferenz im Hinblick auf einen geschlechtergerechten Kulturwandel in der Wissenschaft mitgenommen werden?
- Welche konkreten Maßnahmen wurden in den Organisationen umgesetzt und/oder eingeleitet?
- Im Sinne eines Commitments für die Zukunft: Welche Ziele und Horizonte können für einen geschlechtergerechten Kulturwandel in 2025 formuliert werden?