Wie wir wissen schreitet die Gleichstellung der Geschlechter an den Hochschulen nur langsam voran. So hat sich beispielsweise der Frauenanteil an Professuren laut CEWS von 1980 bis 2015 von 5,3 % auf 22,7 erhöht. Der Gender Pay Gap liegt immer noch bei 21 %, der Gender Pension Gap bei 59,6%, der Gender Care-Gap bei 52% – letzteres bedeutet, Frauen leisten 52% mehr an Care-Arbeit als Männer.
Die demografische Entwicklung, insbesondere das Altern der geburtenstarken Jahrgänge, bringt es mit sich, dass die Zahl älterer pflegebedürftiger Menschen ansteigt. Es stellt sich diesbezüglich die Frage, wer unter welchen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Pflegeaufgaben übernimmt und wie sich dieses auf die Geschlechterverhältnisse auswirkt. Laut Christine Schildmann und Severin Schmidt (2015) greifen aktuelle Reformen im Pflegebereich zu kurz, „denn sie basieren auf einer problematischen Grundannahme. Sie setzen weiterhin voraus, dass in Zukunft Pflegearbeit hauptsächlich von Töchtern, Schwiegertöchtern, Enkeltöchtern und Ehefrauen geleistet wird – im Privaten, unentgeltlich, oft unter Aufgabe der eigenen ökonomischen Unabhängigkeit.“
Wir gehen der Frage nach, welchen gleichstellungspolitischen Anforderungen ein Care-Regime in Bezug auf Pflege genügen muss, um nicht zu einer Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse im Sinne des männlichen Ernährer- und weiblichen Zuverdienstmodells beizutragen. Wie ist das Dritte Pflegestärkungsgesetz in diesem Kontext einzuschätzen?
Publikationen:
Über das neue Pflegestärkungsgesetz (BMG)
Flyer Familienpflegezeit (BMFSFJ)
Broschüre Familienpflegezeit (BMFSFJ)
Deutscher Frauenrat: Stellungsnahme Gesetzesentwurf Pflegestärkungsgesetz
Links:
Bundesministerium für Gesundheit: Fokus Gesetze/Organisation Pflege
Bundesministerium für Familie Jugend Frauen und Jugend: Fokus Vereinbarkeit
Literaturempfehlungen:
- Heintze, Cornelia (2015): Auf der Highroad – der skandinavische Weg zu einem zeitgemäßen Pflegesystem. Ein Vergleich zwischen fünf nordischen Ländern und Deutschland. Expertise im Auftrag des Forums Politik und Gesellschaft und der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung, Kurzfassung in: WISO-Diskurs (Juli 2012), Überarbeitete Update-Version 2015 Bonn
- Riegraf, Birgit (2014): Care, Geschlecht, Gerechtigkeit. Von der Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit zur Entdeckung der Leistungsgerechtigkeit, in: Aulenbacher, Brigitte/ Dammayr, Maria (Hg.): Für sich und andere sorgen. Krise und Zukunft von Care in der modernen Gesellschaft, Reihe Arbeitsgesellschaft im Wandel, Weinheim und Basel, Beltz Juventa, S. 160-170
- Aulenbacher,B./ Riegraf, B./ Theobald, H (Hg) (2014): Sorge: Arbeit, Verhältnisse, Regime – Care; Work, Relations, Regime, Sonderband, 20, Soziale Welt.
- Auth, Diana (2014): Noch immer auf Kosten der Frauen? Sorgearbeit im Wohlfahrtsstaat. In: Jung, Tina/Lieb, Anja/Reusch, Marie/Scheele, Alexandra/Schoppengerd, Stefan (Hg.), In Arbeit: Emanzipation. Feministischer Eigensinn in Wissenschaft und Politik, Münster: Westfälisches Dampfboot, 2014, S. 116-131
- Riegraf, Birgit (2013): New Public Management, die Ökonomisierung des Sozialen und (Geschlechter)Gerechtigkeit: Entwicklungen der Fürsorge im internationalen Vergleich, in: Appelt, Erna/ Aulenbacher, Brigitte/ Wetterer, Angelika (Hg.): Gesellschaft. Feministische Krisendiagnosen, Münster, Westfälisches Dampfboot, S. 127-143
- Keck, Wolfgang (2012): Die Vereinbarkeit von häuslicher Pflege und Beruf. Bern: Hans Huber.