Geschlechtervielfalt

an Hochschulen.

Hier findet sich unsere Handlungsempfehlung zum Thema Geschlechtervielfalt an Hochschulen als Online-Handreichung. Die Empfehlungen werden regelmäßig aktualisiert und ergänzt (zuletzt im Januar 2022).

Die bukof- Kommission “Queere* Gleichstellungspolitik an Hochschulen” entwickelt Strategien und Maßnahmen für eine Gleichstellungsarbeit, die über das binäre, heteronormative Geschlechtermodell hinausgeht.

Handlungsempfehlungen für Geschlechtervielfalt an Hochschulen:

Ausgehend vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. Oktober 2017[1] wurde in Deutschland zum 18. Dezember 2018 das Personenstandsgesetz (PStG) geändert.[2] Es gibt somit nun vier Optionen zur Erfassung des Geschlechts: männlich, weiblich, divers, keine Eintragung.[3] Der Beschluss des BVerfG stärkt das Recht auf Schutz der geschlechtlichen Selbstbestimmung[4] und ist daher auch für trans* Personen und Menschen, die sich als nicht-binär identifizieren, wegweisend.

Ziel dieser Handlungsempfehlungen ist es, Geschlechtervielfalt an Hochschulen sichtbarer zu machen und zu stärken. Die Empfehlungen richten sich als Expertise der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (bukof) an die Hochschulleitungen sowie an Gleichstellungs- und Diversity-Akteur*innen.

Geschlechtervielfalt ist Realität in der gesamten Hochschule. Vor dem Hintergrund der gleichstellungs- und diversitätspolitischen Verantwortung für alle Geschlechter ergibt sich aus Sicht der bukof erheblicher Handlungsbedarf. Hochschulen tragen als öffentlich-rechtliche Organisationen die Verantwortung, Bedingungen zu schaffen, die es ihren Angehörigen ermöglichen, möglichst diskriminierungsfrei zu arbeiten und zu studieren. Hierbei sind vorhandene Abhängigkeitsverhältnisse, z. B. während der Qualifikationsphase, zu berücksichtigen.

Verantwortlich für die Herstellung der notwendigen strukturellen Rahmenbedingungen an Hochschulen sind die Hochschulleitungen. Entsprechend sind die Hochschulleitungen gefordert, ein Klima zu etablieren, das trans*, inter* und nicht-binäre (TIN) Personen in die Lage versetzt, sich ohne Scham oder Angst vor Diskriminierung im Studien- und Arbeitsumfeld zu outen und von ihren Rechten Gebrauch zu machen.

Einschlägige Studien[5] zeigen, dass sich diskriminierende Strukturen wie auch unzureichend umgesetzte Maßnahmen negativ auf die Studien- und Arbeitsbedingungen von Betroffenen auswirken und deren Lebensqualität mindern. Die vorliegenden Handlungsempfehlungen stellen daher konkrete, maßnahmenbezogene Ansätze für Hochschulen dar, um diskriminierende Strukturen abzubauen. Einige Hochschulen haben bereits begonnen, solche Maßnahmen zu ergreifen, sodass hier auch auf Good-Practice-Beispiele Bezug genommen werden kann. Zudem verweisen die Handlungsempfehlungen auf Expertisen von Interessen- und Betroffenenverbänden[6] sowie Antidiskriminierungsstellen. Wir empfehlen bei der Umsetzung von Maßnahmen oder bei konkretem Beratungsbedarf auf diese Expertise zurückzugreifen.

Der Fokus der Handlungsempfehlungen für Geschlechtervielfalt ist prozessorientiert. Es gibt hier kein „Richtig“ im Sinne einer allgemeingültigen Lösung. Vielmehr bilden die Empfehlungen einen gesellschaftlichen Diskussionsprozess ab, der nie abgeschlossen sein kann. Der Prozess um geschlechtergerechtes Handeln sollte stets partizipativ und inklusiv (mit Communities, Interessenverbänden etc.) geführt werden. Die vorliegenden Handlungsempfehlungen sind zum Zeitpunkt ihrer Erstellung als „Maximalforderungen“ verfasst. Nicht alle Hochschulen werden ihnen gänzlich folgen können oder wollen. Das Papier ist bewusst so formuliert, dass möglichst viele Handlungsfelder und -möglichkeiten aufgezeigt werden. Der nachfolgende Katalog lädt dazu ein, die jeweiligen hochschuleigenen Strukturen zu überprüfen und ggf. zu hinterfragen und regt Hochschulleitungen, Gleichstellungs- und Diversity-Akteur*innen sowie alle Mitglieder und Angehörigen von Hochschulen dazu an, die vorliegenden wie auch weiterführende Handlungsempfehlungen an ihren Institutionen nachhaltig zu implementieren.[7]

Die Handlungsempfehlungen werden als themenspezifische Module veröffentlicht.[8] Diese sind über die bukof zu erhalten.


[1] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16.

[2] § 22 Abs. 3 PStG: „Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so kann der Personenstandsfall auch ohne eine solche Angabe oder mit der Angabe ‚divers‘ in das Geburtenregister eingetragen werden.“

[3] Weiterer Handlungsbedarf besteht. Leider bleibt die aktuelle Gesetzgebung bislang hinter den Anforderungen des BVerfG-Urteils zurück und entspricht nicht den Bedarfen von Betroffenen und den Forderungen von Interessenverbänden. Vgl. dazu z.B.: “Dritte Geschlechtsoption nur mit Attest”, “Kennzeichen Divers – eine verpasste Chance für eine offenere und freundlichere Gesellschaft für alle”.

[4] „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die geschlechtliche Identität. Es schützt auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen“ (Leitsätze -1 BvR 2019/16 -, S. 1).

[5] Adamietz, Laura (2011). Geschlecht als Erwartung. Das Geschlechtsdiskriminierungsverbot als Recht gegen Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität. Baden-Baden: Nomos. Klein, Uta und Rebitzer, Fabian A. (2012). Diskriminierungserfahrungen von Studierenden. Ergebnisse einer Erhebung. In Uta Klein und Daniela Heitzmann (Hrsg.), Diversity konkret gemacht. Wege zur Gestaltung von Vielfalt an Hochschulen (S. 118–136). Weinheim: Juventa Beltz; European Union Agency for Fundamental Rights (FRA) (2014). EU LGBT survey. European Union lesbian, gay, bisexual and transgender survey. Main results. Luxembourg: Publications Office. Frohn, Dominik und Meinhold, Florian (2017). Ergebnisbericht. Spezifika der Arbeitssituation von Trans*Beschäftigten in Deutschland. Mense, Lisa; Sera, Stephanie und Vader, Sarah (2019). Queering and diversifying gender in equality work at European higher education institutions. Zeitschrift Gender, 11 (1), S. 78–91.

[6] Beispielsweise AG trans*emanzipatorische Hochschulpolitik

[7] Darüberhinausgehende Empfehlungen finden sich u. a. in der Broschüre „Benachteiligungen von Inter*- und Trans*personen an Hochschulen: Wo finden sie sich und wie sind sie zu lösen?“ (Hrsg. AG trans*emanzipatorische Hochschulpolitik dgti e.V. 2017).

[8] Module „Namen und Geschlechtseintrag“, „Geschlechtseintrag in digitalen Erfassungssystemen“, „Sprache und Ansprache“, „Bauliche Infrastruktur“, „Hochschulleitung und Governance“, „Personalgewinnung und Personalauswahl“, „Beratung und Expertise“, „Sensibilisierung und Weiterbildung“, „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“, „Lehren und Prüfen“, „Familie“, „Hochschulsport“ sowie ein Glossar.

Allen Mitgliedern und Angehörigen einer Hochschule, deren Namen und Geschlecht von dieser erfasst und verwaltet werden, muss die Möglichkeit offenstehen, Namen und Geschlechtseintrag zu ändern. Wir empfehlen, dass die Hochschule hierfür ein abgestimmtes Verfahren entwickelt und dieses Verfahren an geeigneten Stellen bekannt gibt. Um den Prozess transparent und niedrigschwellig zu gestalten, sollten alle damit betrauten und darin involvierten Arbeitsbereiche identifiziert und zusätzlich eine klar definierte Anlaufstelle eingerichtet werden, die das Verfahren verantwortlich koordiniert. Dabei soll sichergestellt werden, dass die Bedarfe unterschiedlicher Statusgruppen abgedeckt sind.

Hochschulen sollten auch Menschen, mit denen Verträge (im Sinne von Aufträgen oder Nutzungsverträgen) bestehen, die Möglichkeit bieten, den von ihnen gewünschten Namen bzw. das gewünschte Geschlecht anzugeben und darunter geführt zu werden (z. B. Lehrbeauftragte, Trainer*innen, Anbieter*innen von Gebäudereinigung, Reparaturen, Bibliotheksnutzer*innen).

Namensänderung:[1]
  • Das Verfahren für Änderungen des Namens und des Geschlechtseintrags an Hochschulen erfolgt möglichst barrierearm, transparent und mit geringem bürokratischem Aufwand. Stets zu beachten ist dabei das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung der betreffenden Personen (vgl. oben, BVerfG 10.10.2017).
  • Die Einforderung von Geburtsurkunde, psychologischen Gutachten, ärztlichen Attesten etc., die von Betroffenen häufig als demütigend erlebt wird, ist an der Hochschule nicht notwendig und unbedingt zu vermeiden. Grundsätzlich ist weder bei der Immatrikulation noch bei der Einstellung, das Geschlecht im engeren Sinne nachzuweisen.[2]
  • Ein Antrag auf Namensänderung kann jederzeit ohne Voraussetzung gestellt werden.
  • Auch eine wiederholte Namensänderung ist möglich (z. B. wenn eine Person in der Vergangenheit bereits eine Namensänderung beantragt hat und die nun erweiterten rechtlichen Möglichkeiten nutzen möchte).
    Die Namensänderung basiert allein auf der Selbstaussage der antragstellenden Person, ist also auch ohne amtliche Änderung nach TSG[3] und auch ohne Ergänzungsausweis (dgti) möglich.
  • Das Formular zur Änderung des Vornamens und/oder des Geschlechtseintrags ermöglicht Selbstbezeichnungen in der Kategorie „Geschlecht“.
  • Das Antragsformular für die Namensänderung wird so einfach wie möglich gestaltet.
  • Der Antrag kann im Sinne der barrierefreien und transparenten Prozessgestaltung auch online eingereicht werden. Antragstellende müssen nicht persönlich vorsprechen und sich dadurch nicht dem Druck einer persönlichen „Begutachtung“ aussetzen.
  • Die Angabe des zutreffenden Namens ist bereits bei der Ersterfassung, wie z. B. bei Prozessen zur Immatrikulation, Einstellungsunterlagen etc., möglich.
  • Es kann zusammen mit dem Vornamen auch der Nachname angepasst werden, z. B. wenn der Nachname, wie in vielen slawischen Sprachen, Geschlechtsmarker trägt.
Umgang mit Daten und Dokumenten:
  • Das Verfahren zur Änderung des Namens und des Geschlechtseintrags ermöglicht es der Hochschule und den Antragstellenden, dass alle zu einer Person gehörenden Daten und Dokumente einheitlich unter dem neuen Namen geführt werden.
  • Für eine zweifelsfreie Zuordnung wird bei Studierenden die Matrikelnummer, bei Bewerber*innen die Bewerbungsnummer und bei Beschäftigten das Zeichen (z. B. Personalnummer) verwendet, unter der bzw. dem die jeweilige Person geführt wird.
  • Hochschulinterne Identifikations- und Servicekarten wie Studierendenausweis/Dienstausweis, elektronische Bezahlkarte, Semesterticket, Kopierkarte etc. werden ebenfalls geändert (falls Fotos auf den Ausweisen vorhanden sind, können diese erneuert werden).
  • Auch E-Mail-Adressen, Nutzer*innen-Namen usw., die aus Vor- und Nachnamen generiert werden, werden geändert.
  • Wenn der Name oder der Geschlechtseintrag für die Matrikelnummer oder weitere Kodierungen nicht genutzt werden, bleiben diese gleich.
  • Zeugnisse und Urkunden werden (auch nachträglich) auf den Wunschnamen ausgestellt. Hochschulen haben nicht die vordringliche Aufgabe, die Identität einer Person zu belegen, sondern deren Leistungen.[4] Da Zeugnisse, Transcripts of Records usw. in der Regel auch weitere Informationen enthalten, die eine Zuordnung zu einer Person ermöglichen (z. B. Geburtsdatum, Geburtsort, Matrikelnummer), ist der Vorname hier nicht ausschlaggebend. Empfehlenswert ist ein Formular, mit dem die antragstellende Person verbindlich erklärt, dass sie die Verantwortung für potentielle rechtliche Konsequenzen und Risiken der beantragten Änderung übernimmt. Die Ausstellung eines Zeugnisses mit geändertem Namen ist auf dieser Grundlage ohne Probleme möglich.
  • Generell gilt, dass eine binäre Geschlechtsbezeichnung („Frau“, „Herr“) in Zeugnissen und anderen Dokumenten nicht notwendig und daher verzichtbar ist.
  • IT-Systeme werden darauf ausgelegt, dass in Namen prinzipiell alle Sonderzeichen enthalten sein können, insbesondere auch Asterisk (so genanntes Gender-Sternchen: *), Unterstrich (_) und Semikolon (;). Sobald eine Änderung des Namens und/oder des Geschlechtseintrags erfolgt ist, darf im System kein Zugriff auf den vorherigen Namen möglich sein. Es ist ausreichend, dass ein Hinweis auf eine Vornamensänderung erfasst wird. Diese Information darf nur einer zentralen Stelle zugänglich sein und unterliegt den Bestimmungen der Datenschutzverordnung.[5]
  • Aufgabe der IT-Abteilung ist es, alle an der Hochschule eingesetzten Systeme auf diese Anforderungen vorzubereiten (Konfigurierbarkeit).

[1] Alle folgenden Aspekte sind als Zielzustand formuliert.

[2] Zur Vornamensänderung bei Studierenden hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das Gutachten stellt fest, dass ein Geschlechtsnachweis an der Hochschule nicht notwendig ist, da hier z. B. die Studierfähigkeit geprüft wird, nicht aber das Geschlecht einer Person. Manche Hochschulen, wie die TU Darmstadt, verwenden dennoch für die Namensänderung an der Hochschule ein Formular, in dem die antragstellende Person verbindlich erklärt, dass sie die Verantwortung für potentielle rechtliche Konsequenzen und Risiken der beantragten Änderung übernimmt.

[3] Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen („Transsexuellengesetz“, kurz TSG).

[4] Siehe hierzu auch das Kurzgutachten von Prof. Dr. Ulrike Lembke und Dr. Alexander Tischbirek

[5] Siehe auch § 5 Abs. 1 Transsexuellengesetz, so genanntes Offenbarungsverbot: „Ist die Entscheidung, durch welche die Vornamen des Antragstellers geändert werden, rechtskräftig, so dürfen die zur Zeit der Entscheidung geführten Vornamen ohne Zustimmung des Antragstellers nicht offenbart oder ausgeforscht werden, es sei denn, daß besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.“

Die rechtliche Anerkennung (mindestens) eines weiteren Geschlechts betrifft in hohem Maße die digitalen Erfassungssysteme der Hochschulen. Aufgrund der Änderung des Personenstandsgesetzes reichen die zwei bisherigen Erfassungskategorien für den Geschlechtseintrag nicht mehr aus. Es sind nun (mindestens) vier Optionen vorzusehen: divers, weiblich, männlich, keine Angabe. Der Geschlechtseintrag in den digitalen Erfassungssystemen der Hochschule basiert in der Regel auf dem Eintrag im Personenstandsregister. Dies beinhaltet massives Diskriminierungspotential im Hochschulalltag (z. B. ungewolltes Outing, falsche Anrede). Um Diskriminierung zu vermeiden, ist es erforderlich, den amtlichen Geschlechtseintrag von der Hochschulkommunikation zu entkoppeln und stattdessen eine geschlechterinklusive bzw. geschlechtsneutrale Kommunikation an der Hochschule zu etablieren.

Darüber hinaus gilt auch bei drei oder mehr Optionen für den Geschlechtseintrag weiterhin die gesellschaftliche Realität, dass nicht für alle Personen der Eintrag im Personenstandsregister mit der geschlechtlichen Selbstidentifikation und damit mit ihrem tatsächlichen Geschlecht übereinstimmt – beispielsweise, weil sie sich noch im (langwierigen und aufwändigen) rechtlichen Änderungsprozess befinden oder weil die rechtlich vorhandenen Optionen für sie nicht stimmig sind. Hier können Hochschulen durch Anpassung ihrer Prozesse eine wichtige Unterstützung sein.

  • Hochschulinterne Informationsverwaltungssysteme sowie Lehr- und Lernsysteme werden auf Geschlechtervielfalt umgestellt.
  • Digitale Erfassungssysteme bieten neben den Einträgen „männlich“ und „weiblich“ mindestens auch die Optionen „divers“ und „keine Angabe“.
  • Auf die Anreden „Frau“ und „Herr“ wird verzichtet (s. u. 3. „Sprache und Ansprache“).
  • Digitale Geschlechtseinträge werden von Anredeformen in Dokumenterstellungssystemen bzw. Serienbriefen entkoppelt (s. u. 3. „Sprache und Ansprache“).
  • In der hochschulinternen Kommunikation werden die von den Anzuredenden selbst gewählten Anredeformen verwendet (s. u. 3. „Sprache und Ansprache“).
  • Vergeschlechtlichte Anredeformen werden in allen amtlichen Dokumenten und Urkunden vermieden (z. B. Zeugnisse, Leistungsübersichten, Studierendenausweise, Dienstausweise).
  • Auf das gleichstellungspolitische Instrument geschlechterspezifischer Statistiken wirkt sich diese kategorielle Erweiterung diversifizierend aus: Statistische Aufbereitungen, die mehr als zwei Geschlechter abfragen, bilden Geschlechtervielfalt sehr viel besser ab als zweigeschlechtlich sortierte Auswertungen. Die nach wie vor notwendige Darstellung der Unterrepräsentanzen von Frauen wird dadurch nicht beeinträchtigt, da das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen weiterhin statistisch erfasst wird.

Durch die komplexen und nach wie vor hürdenreichen Bedingungen von Transitionen (sozial, rechtlich, medizinisch) sowie Herausforderungen im sozialen Umfeld und durch persönliche Diskriminierungserfahrungen ergeben sich besondere Beratungsbedarfe [1] von trans*, inter* und non-binären (TIN) Personen. Insoweit sich diese auch auf Studium und Arbeit auswirken, bedarf es an Hochschulen einer Expertise sowie der Bereitstellung von Beratungsangeboten für trans*, inter* und non-binäre Mitarbeiter*innen und Studierende auf zwei Ebenen:

  • Individualberatung für TIN zu TIN-spezifischen Themen – entweder als Beratungsstelle für TIN an der Hochschule selbst oder als enge Kooperation mit regionalen Beratungsstellen für TIN
  • Expertise zu trans*, inter*, non-binären Personen sowie geschlechtlicher Vielfalt in allen Beratungsstellen einer Hochschule (bspw. Studienberatung, Konfliktberatung, Personalräte,…) um die Beratungsqualität für TIN Personen an Hochschulen zu verbessern
Handlungsempfehlungen zu Beratung und Expertise:

Hochschulen legen eine Zuständigkeit für die Individualberatung im Themenfeld geschlechtliche Vielfalt fest und statten diese mit finanziellen und personellen Ressourcen und entsprechender Qualifikation aus oder kooperieren mit einer regionalen Beratungsstelle.

Stellen mit einem Auftrag zur Beratung von TIN bieten auch Consulting für andere Akteur*innen und Multiplikator*innen der Hochschule an.

Nach Möglichkeit wird eine Peer-to-peer-Beratung[2] für TIN angeboten. Wenn Ratsuchende und Beratende das gemeinsame Erfahrungswissen teilen, z. B. wie es ist, nicht cisgeschlechtlich zu sein, besteht häufig größeres Vertrauen in die Beratungsstelle.

Berater*innen bringen eine Qualifikation für Beratungen im Kontext von Mehrfachdiskriminierung und Intersektionalität mit.

Beratungsstellen für TIN Personen sind mit anderen hochschulinternen Beratungsstellen vernetzt.

Beratungsstellen zu Anliegen von TIN sind in relevante strukturelle Prozesse innerhalb der Hochschule einbezogen.

Die Räumlichkeiten, in denen die Beratung stattfindet, sollten kein Zwangsouting begünstigen, z. B. durch outende Beschilderung (Bspw.: Trans*Beratungsstelle) oder zu viel/ zu wenig Publikumsverkehr.

Alle Beratungsstellen und Kontaktpersonen an der Hochschule sind zum Thema Geschlechtervielfalt geschult und sensibilisiert und kennen die für ihren Bereich spezifischen Bedarfe und Anliegen von TIN.

Gute Praxisbeispiele
  • Inter-Trans-Beratung der Universität zu Lübeck (zuletzt abgerufen am 31.03.2023)
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  • LGBTIQ-Beratung der Universität Zürich (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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  • Pilotprojekt Unterstützung von trans* Studierenden 2018 – 2019 an der Georg-August-Universität Göttingen (zuletzt abgerufen am 31.03.2023)[3].
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  • Arbeitsstelle gegen Diskriminierung und Gewalt – Expertise und Konfliktberatung der Universität Bremen (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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  • Trans*Beratenden-Schulung der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e. V. (dgti) (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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Weiterführende Literatur (Auswahl)

Queeres Netzwerk Niedersachsen e.V. (Hrsg.) (2018): Abinäre Personen in der Beratung – Eine praktische Handreichung für Berater*innen und Multiplikator*innen. Göttingen. (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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Netzwerk TransInterSektionalität. (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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Policy Paper Beratung der Bundesvereinigung Trans* (BVT*): Trans*Beratung zum Reformbedarf der Beratung in Bezug auf Trans* (2017). (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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Schwulenberatung Berlin gGmbH (Hrsg.) (2017): „Ich fühlte mich verstanden, und das ist alles, was zählt.“ Wissenschaftliche Begleitforschung zum Pilotprojekt „Inter* und Trans* Beratung QUEER LEBEN“. Ein Projekt der Schwulenberatung Berlin. (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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[1] Vgl. Erik Meyer (2015): Trans*affirmative Beratung. In: Psychosozial, 38. Jg., Nr. 140, S. 71-86.

[2] Mit „Peer-to-peer-Beratung“ ist in erster Linie die Beratung „unter Gleichen“ gemeint, also z. B., dass trans* Menschen, also Personen, die sich mit dem ihnen bei Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht oder nur unzureichend identifizieren, andere trans* Menschen beraten. Durch die (tendenzielle) Gleichartigkeit der Personen zueinander genießt die beratende Person zunächst einen „Vertrauensvorschuss“ (Policy Paper Beratung der Bundesvereinigung Trans* (BVT*) 2007). Zudem kann eine Beratung durch „Allies“ sehr sinnvoll sein, wenn diese sich z. B. mit verschiedenen Verwaltungsprozessen wie dem hochschulinternen Vorgehen bei Vornamensänderung u. a. sehr gut auskennen.

[3] Das Pilotprojekt „Unterstützung von trans* Studierenden“, das durch die erfolgreiche politische Arbeit einer Gruppe von trans* Studierenden ins Leben gerufen wurde, ist bisher bundesweit ein einmaliges, modellhaftes Projekt mit Vorbildcharakter.

Die hier zusammengestellten Handlungsempfehlungen im Bereich Sensibilisierung und Weiterbildung wenden sich an unterschiedliche Zielgruppen. Dazu gehören insbesondere, aber nicht ausschließlich:

  • Personen, die Fort- und Weiterbildungsangebote für Mitarbeitende und Lehrende an Hochschulen konzipieren, anbieten und verwalten, z. B. interne Weiterbildungen, Zentren für Lehrer*innen-Bildung, Zentren für Hochschuldidaktik, Personalentwicklung, Graduiertenschulen
  • Personen, die Angebote für Studierende, Lehrende und Mitarbeitende organisieren, z. B. psychosoziale Beratungsstellen, International Centers, Studierendenservice und -beratung, Familienservice, Gleichstellungsbüros Stabsstellen für Chancengleichheit und Diversität
  • Führungs- und Personalverantwortliche
  • Kommunikationsabteilungen und andere Kommunikationsverantwortliche

Hochschulen sollten sicherstellen, dass Expertise zum Thema Geschlechtervielfalt zur Verfügung steht und zielgruppenadäquat vermittelt wird. Darüber hinaus sollte innerhalb der Hochschule eine konkrete Ansprechperson für das Thema Geschlechtervielfalt benannt und breit bekannt sein.

Eine der Herausforderungen im Bereich der Sensibilisierung und Weiterbildung besteht darin, Anreizsysteme zu schaffen, damit Studierende, Lehrende und Mitarbeitende – insbesondere auch Führungskräfte – sich die Zeit nehmen, an Fort- und Weiterbildungsangeboten im Themenfeld Gender und Diversity bzw. Gleichstellung und (Geschlechter-)Vielfalt teilzunehmen.

Hochschulen sollten Expert*innen innerhalb der eigenen Hochschule identifizieren und/ oder Netzwerke zu Expert*innen außerhalb [1] der Hochschule aufbauen, z. B. zu Interessen- oder Betroffenenverbänden oder zu selbständigen Trainer*innen. Dabei sollte die Integration der innerhalb und außerhalb der Hochschule bestehenden Expertise in regelmäßig an der Hochschule stattfindenden Qualifizierungsmaßnahmen eine Selbstverständlichkeit sein. Eine erste Orientierung können Leitfäden zu Geschlechtervielfalt im Hochschulkontext geben. [2]

Handlungsempfehlungen zu Sensibilisierung und Fort- und Weiterbildung:
  • Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen werden unter Berücksichtigung und Einbezug von vorhandener Expertise zu Geschlechtervielfalt konzipiert und durchgeführt. Dies kann auch hochschulübergreifend oder landesweit geschehen.
  • Die Themen Gender, Diversity und Geschlechtervielfalt werden als Querschnittsthemen in bereits bestehende Module beispielsweise zu Führung, Kommunikation, Vereinbarkeit u.v.m. aufgenommen.
  • Für Studierende werden Anreize zur Sensibilisierung und Weiterbildung geschaffen, z. B. durch:
    • Möglichkeit, interdisziplinäre Creditpoints zu sammeln
    • Erwerb eines Zusatzzertifikats
    • Verankerung von Gender- und Diversity-Themen in den Pflicht-Lehrveranstaltungen von Studiengängen
  • Für Mitarbeiter*innen und Lehrende werden Anreize zur Sensibilisierung und Weiterbildung geschaffen, z. B. durch:
    • Anrechnung der Weiterbildung als Arbeitszeit, Übernahme der Kosten bei externen Anbieter*innen
    • Ausstellen einer Teilnahmebescheinigung/ eines Zertifikats
    • Anregung zur regelmäßigen Teilnahme an Weiterbildungsformaten durch Personalverantwortliche und/ oder die Hochschulleitung
  • Gender- und Diversity-Themen werden bereits in den Orientierungstagen für Erstsemester*innen platziert, z. B. verknüpft mit einer Vorstellung von Beratungsstellen oder Hinweisen auf entsprechende (Wahl)fächer.
  • Mögliche Themen für Sensibilisierungs- und Weiterbildungskurse sind z. B.: Vermittlung von Basiswissen im Bereich Geschlechtervielfalt, geschlechtergerechte und inklusive Sprache, Heteronormativität
  • Es werden diverse Veranstaltungsformate genutzt und kombiniert, um auf diese Weise unterschiedliche Personen und Lerntypen anzusprechen: hochschulöffentliche Ringvorlesungen, fachspezifische Veranstaltungen mit Bezug zum Studienfach (z. B. Legal Gender Studies an Juristischen Fakultäten), Workshops mit unterschiedlicher Dauer, prägnante, kurze Formate in der Pause (z. B. Lunch Lectures), hochschulöffentliche Diskussionsrunden, E-Learning-Formate, Zertifikatskurse, Informationsveranstaltungen (z. B. an Orientierungstagen für Erstsemester), Campusfeste, Poetry Slams, Ausstellungen, Filmvorführungen mit Gespräch
Gute Praxisbeispiele
  • DiVers: Didaktik und Diversity in der Hochschullehre: Diversity-Kompetenz in der Hochschullehre: Ein E-Learning-Tool für Hochschullehrende, Universität zu Köln, online verfügbar unter (zuletzt abgerufen am 31.03.2023)
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  • Werkzeugkasten Diversity in der Lehre der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (zuletzt abgerufen am 31.03.2023)
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  • Projekt gender*bildet an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (zuletzt abgerufen am 31.03.2023)
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  • Das Legal Gender Forum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (zuletzt abgerufen am 31.03.2023)
    Zur Webseite
  • Vortragsreihe der Forschungsstelle Geschlechterforschung „LGBTIQ*: Forschungsperspektiven“ (zuletzt abgerufen am 31.03.2023)
    PDF herunterladen
  • Interdisziplinäres Zertifikat der Forschungsstelle Geschlechterforschung an der Universität Osnabrück (zuletzt abgerufen am 31.03.2023)
    Zur Webseite (PDF)

[1] Zum Beispiel Deutsche Gesellschaft für Trans* und Inter* (zuletzt abgerufen am 06.03.2020) und Bundesvereinigung Trans*,
Bundesverband Trans* (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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[2] Broschüre „Inter* und Trans* an der Hochschule. Informationen zum kompetenten Umgang mit Inter*- und Trans*studierenden für Entscheidungsträger*innen an Hochschulen“, AG trans* HoPo (zuletzt abgerufen am 31.03.2023),
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„Leitfaden für Hochschulen zum inklusiven Umgang mit allen Geschlechtern – ein Leitfaden für Mitarbeitende“, Zürich (zuletzt abgerufen am 31.03.2023),
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Broschüre „trans. inter*. nicht-binär. Lehr- und Lernräume an Hochschulen geschlechterreflektiert gestalten“, Wien (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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Hochschulen tragen Verantwortung dafür, der geschlechtlichen Vielfalt von Menschen gerecht zu werden und zu deren Sichtbarkeit und Akzeptanz beizutragen. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit leistet einen wichtigen Beitrag zur Sichtbarkeit von Geschlechtervielfalt an Hochschulen und kann damit ein diskriminierungsärmeres Klima an Hochschulen unterstützen. Entsprechend sind Hochschulen dazu aufgerufen, (Geschlechter-)Vielfalt in ihrer Öffentlichkeits- und Pressearbeit abzubilden und in ihrer Kommunikation nach innen und außen auf eine geschlechtersensible Schrift- und Bildsprache zu achten. Die Darstellung von Diversität in visueller Form stellt Akteur*innen dabei vor besondere Herausforderungen.

Die vorliegenden Handlungsempfehlungen richten sich daher insbesondere an folgende Einheiten und Personen an Hochschulen:

  • Pressestellen, Kommunikations- und Marketingabteilungen
  • Hochschulmitarbeiter*innen, die für Öffentlichkeits- und Pressearbeit zuständig sind (auch an Fakultäten, Fachbereichen, Instituten etc.)
  • Studierendenvertretungen (AStA, StuRa, StuPa etc.)
  • alle Hochschulangehörigen, die die Hochschule in ihrer Kommunikation nach außen darstellen oder repräsentieren
Repräsentation

Es ist relevant, wer die Hochschule nach außen und nach innen repräsentiert, wer spricht und wer nicht gehört wird, wer in der ersten Reihe steht und wer unsichtbar bleibt. Für alle mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit befassten Akteur*innen und hinsichtlich jeglicher medialer Darstellung sollte im Sinne eines „Selbsttests“ beim Verfassen von Texten und beim Erstellen oder der Auswahl von Bildmaterial stets gefragt werden: Wer spricht und tritt in Erscheinung? Wer wird abgebildet? Wer präsentiert wissenschaftliche Ergebnisse? Wer tritt bei öffentlichen Auftritten in Erscheinung? Wer repräsentiert die Hochschule nach innen und nach außen? Und wer nicht? Bilder, Formulierungen und Ausdrucksweisen sollten hinsichtlich ihrer Angemessenheit und Wirkung überprüft und ggf. angepasst werden.

Mündliche und schriftliche Sprache

Noch immer wird in Gesprächen, Texten oder Dokumenten häufig ausschließlich die männliche Form verwendet, das sogenannte generische Maskulinum. Frauen und weitere geschlechtliche Identitäten sollen „mitgemeint“ sein. Sprachwissenschaftliche Studien belegen jedoch, dass sich Personen mit anderen Geschlechtern (wie z. B. Frauen, trans*, inter* und non-binäre (TIN) Personen) dadurch weniger oder sogar gar nicht angesprochen fühlen. Sozialpsychologische Studien konnten darüber hinaus nachweisen, dass Frauen (und auch trans*, inter* und non-binäre Personen) sogar gedanklich ausgeschlossen werden, wenn das generische Maskulinum verwendet wird.

Sind bspw. Stellenausschreibungen im generischen Maskulinum verfasst, bewerben sich häufiger Männer auf die ausgeschriebenen Stellen; andere Geschlechter fühlen sich weniger angesprochen (siehe auch Handlungsempfehlungen zur Personalauswahl).

Sprache ist also ein mächtiges gesellschaftlich wirksames Instrument. Wer genannt wird und wer nur „mitgemeint“ ist, gibt einerseits Aufschluss über vorhandene Machtstrukturen und wirkt sich andererseits auf unser Handeln und die Realität aus. Sprache geschlechtersensibel anzuwenden bedeutet, alle Geschlechteridentitäten in der Sprache abzubilden und gleichwertig zu behandeln (siehe auch Handlungsempfehlungen zu Sprache und Ansprache).

Bildsprache

Bilder wirken unmittelbar und zeigen einen bewusst gewählten Ausschnitt der Realität. In Zeiten von Social Media werden Informationen vor allem über Bilder – ggf. versehen mit wenigen Textelementen – transportiert. Ausführliche Erklärungstexte werden weniger stark wahrgenommen und nur von wenigen Rezipient*innen gelesen. Umso wichtiger ist es, in der Kommunikation mit Bildern alle Zielgruppen anzusprechen und auch abzubilden. Da Hochschulen sich mit ihren Studien- und Arbeitsangeboten an eine Vielzahl von unterschiedlichen Personen richten, sollte sich diese Vielfalt unbedingt auch in der Bildsprache wiederfinden. Die Wirkung der gewählten Bebilderung ist dabei nicht zu unterschätzen: So kann selbst ein diskriminierungssensibler Text, sofern er mit einer unbedacht stereotypen oder ungeeigneten Bebilderung versehen wird, Diskriminierung reproduzieren.

Handlungsempfehlungen zu Öffentlichkeits- und Pressearbeit
  • Außer dem Geschlecht werden auch andere Vielfaltsdimensionen abgebildet, z. B. Personen unterschiedlichen Alters, mit und ohne Behinderung, BIPOC [1].
  • Es werden geschlechterumfassende Benennungen verwendet, z. B. durch den Gender-Stern (*) oder den Gender Gap (_).
  • Bei der geschlechterumfassenden Schriftsprache wird auf barrierefreie Gestaltung geachtet. So erfassen z.B. digitale Vorleseprogramme, so genannte Screenreader, sowohl das (*) als auch den (_) und lesen (*) wörtlich als „Stern/Sternchen“ und (_) wörtlich als „Unterstrich“.
  • Es werden geschlechtsneutrale Formulierungen verwendet, z. B. durch Substantivierungen („Leitung“) und Partizipien [2]. („Anwesende“, „Beschäftigte“, „Studierende“).
  • Es werden Bilder verwendet, die mit Geschlechterstereotypen brechen.
  • Bei Bildunterschriften wird auf geschlechtliche Zuordnungen verzichtet, sofern diese nicht für den Kontext bedeutend sind: z. B. statt „eine Frau geht in den Hörsaal“ besser „eine Person geht in den Hörsaal“.
  • TIN Personen werden auch dann abgebildet, wenn es nicht explizit um Geschlechtsidentität geht. Wichtig ist, dass Menschen aus der Community gezeigt werden und nicht z. B. cis Personen als trans* dargestellt werden.
  • Inter*, trans* und non-binäre Personen werden nur mit ihrem Einverständnis als solche explizit abgebildet (Gefahr eines Zwangsoutings).
  • Personen sollten nicht individuell aufgrund eines (Persönlichkeits-)Merkmals für eine mögliche Bebilderung angesprochen werden. Stattdessen sollten öffentliche Aufrufe (bspw. über die Homepage der Hochschule, soziale Medien,…) veröffentlicht werden, damit Menschen sich initiativ melden können, wenn sie sich dafür entscheiden.
Gute Praxisbeispiele

Sprachleitfäden

Bilddatenbanken

  • The Gender Spectrum Collection: Vice (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
    Zur Datenbank 
  • Gesellschaftsbilder. Die Fachdatenbank mit neuen Perspektiven (zuletzt abgerufen am 31.03.2023).
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Weiterführende Literatur (Auswahl)

Gabriele Diewald/Anja Steinhauer (2017): Richtig gendern. Wie Sie angemessen und verständlich schreiben. Berlin: Bibliographisches Institut.

Sabine Sczesny/Dagmar Stahlberg (2001): „Effekte des generischen Maskulinums und alternativer Sprachformen auf den gedanklichen Einbezug von Frauen“, in: Psychologische Rundschau, 52 (3), S. 131−140.


[1] Black Indigenous People of Color

[2] Weitere hilfreiche Formulierungstipps bietet z. B. die Alice Salomon Hochschule, Berlin (zuletzt abgerufen am 06.03.2020).

Geschlecht lässt sich den Menschen nicht immer ansehen. Sprache und die Ansprache von Personen sollten die existierende Vielfalt der Geschlechter berücksichtigen und abbilden, z. B. mit dem Gender-Sternchen, wie in „Professor*innen“, oder dem Gender Gap, wie in „Ingenieur_innen“. Hochschulen wird empfohlen, einen eigenen Sprachleitfaden zu erarbeiten, an dem sich alle Hochschulangehörigen orientieren können.

Grundsätzlich ist von der Verwendung des so genannten generischen Maskulinums in Verbindung mit der Klammer „(m, w, d)“ (z.B. „Wissenschaftlicher Mitarbeiter (m, w, d)“) in Ausschreibungstexten abzuraten. Diese Schreibweise bedeutet einen Rückschritt in der Forderung nach Sichtbarmachung der Geschlechtervielfalt und stellt zudem eine Kommunikationsbarriere für Menschen dar, die mit dieser Abkürzung nicht vertraut sind.

  • Anstelle binärer Anreden wie „Sehr geehrte Frau …“ oder „Lieber Herr …“ findet die Begrüßungsformel in Verbindung mit Vornamen und Nachnamen Anwendung: „Sehr geehrte*r Vorname Nachname“, „Guten Tag, Vorname Nachname“, „Hallo, Vorname Nachname“.
  • Für Gruppen von Personen können geschlechtsneutrale Anreden verwendet werden: „Sehr geehrte Lesende/Zuhörende“, „Sehr geehrte Kommissionsmitglieder“, „Liebes Team“ usw.
  • In der internen Kommunikation, wie bei der Einstellung von Personal, bei der Erstellung von Namensschildern, bei der Konstituierung einer Kommission etc., kann das gewünschte Pronomen der Personen erfragt (z. B. in Verbindung mit einer Vorstellungsrunde) und entsprechend verwendet werden.
  • Vorstellungsrunden in Lehrveranstaltungen, bei denen auch das gewünschte Pronomen erfragt wird, schaffen eine diskriminierungsarme Lernumgebung und etablieren eine achtsame Seminarkommunikation. Auf diese Weise lassen sich auch falsche Anreden bei unbekannten und/oder hinsichtlich des Geschlechts nicht eindeutig zuzuordnenden Vornamen vermeiden.
  • Good-Practice-Beispiel: Die Namens- und Pronomenrunde wird angeleitet. Die Lehrperson nennt ihren Namen und ihr Pronomen und hat sich vorab mit so genannten Neo-Pronomina [1] und ihrer Verwendung vertraut gemacht.
  • In der elektronischen Kommunikation wird in der eigenen E-Mail-Signatur nach dem Namen das gewünschte Pronomen angegeben.
  • Bei der geschlechterinklusiven Schriftsprache wird auf barrierefreie Gestaltung geachtet. So erfassen zum Beispiel digitale Vorleseprogramme, so genannte Screenreader, sowohl den Asterisk (*) als auch den Unterstrich (_) und lesen „*“ wörtlich als „Sternchen“ und „_“ wörtlich als „Unterstrich“. Alternativ können geschlechtsneutrale Bezeichnungen verwendet werden.
  • In Ausschreibungstexten werden geschlechterinklusive Tätigkeitsbezeichnungen verwendet (z. B. „Professor*in“, „Wissenschaftliche_r Mitarbeiter_in“. Alternativ sind geschlechtsneutrale Formulierungen nutzbar (z. B. „Abteilungsleitung“).
  • Auch in der Bildsprache wird auf Geschlechtervielfalt geachtet. [2]
Gute Praxisbeispiele bieten u. a. die Sprachleitfäden der

[1] Neopronomen sind „neue“ Pronomen, die häufig aus anderen Sprachen als dem Deutschen übernommen oder inspiriert sind (u. a. dey/deren, angelehnt an das Englische they/them, oder hen/hens aus dem Schwedischen), da Personalpronomen in der deutschen Sprache eine binäre, d. h. zweigeschlechtliche Konnotation aufweisen (3. Person Singular „er“/“sie“). Ein Überblick über verschiedene Sprachen und alternative Lösungsvorschläge findet sich im Nichtbinär-Wiki.
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[2] Bildbeispiele finden sich auf den Seiten der The Gender Spectrum Collection: Vice.
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[3] Weitere Empfehlungen zu geschlechterinklusiver Sprache finden sich u. a. in der Broschüre „Benachteiligungen von Inter*- und Trans*personen an Hochschulen: Wo finden sie sich und wie sind sie zu lösen?“ (Hrsg. AG trans*emanzipatorische Hochschulpolitik dgti e.V. 2017, S. 18).

Bei der Gestaltung von Toiletten und Umkleidekabinen als diskriminierungsfreie Räume für alle Geschlechter sind drei Aspekte wesentlich: die bauliche Infrastruktur, die sprachliche und grafische Bezeichnung sowie eine transparente Kommunikation. Letztere bezieht sich sowohl auf den internen Arbeitsprozess, der alle relevanten Akteur*innen-Gruppen einschließen sollte, als auch auf die mediale Begleitung, um alle Hochschulangehörigen und Besucher*innen zu informieren.

  • WCs für alle Geschlechter (auch „Unisex-Toiletten“ oder „All-gender-Toiletten“ genannt) werden gut sichtbar und gut erreichbar an zentralen Stellen in den Gebäuden der Hochschule als zusätzliche Option zu geschlechtergetrennten Männer- und Frauen-Toiletten eingerichtet.
  • Separate Toiletten als ‚safer spaces‘ für Frauen (sowohl trans* als auch cis [1] Frauen) und Männer (sowohl trans* als auch cis Männer) bleiben weiterhin bestehen und werden durch die Option von Toiletten für alle Geschlechter erweitert. So ergeben sich zum Beispiel auch für Eltern, die mit ihren Kindern zur Toilette gehen möchten, flexiblere Möglichkeiten des Toilettenbesuchs.
  • Steh-WCs werden mit Sichtschutzwänden ausgestattet.
  • Frauen- und Männer-WCs werden zu gleichen Teilen zu Toiletten für alle Geschlechter umgerüstet. Der Anteil von geschlechtergetrennten Toiletten bleibt dadurch gleich und die rechtlichen Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung werden berücksichtigt.
  • WCs werden gut lesbar und eindeutig gekennzeichnet, z. B. durch Schriftzug WC (groß, fett) mit beschreibender Unterüberschrift (z. B. „WC für alle Geschlechter“).
  • Die Kommunikationsabteilung begleitet die Einrichtung von Toiletten für alle Geschlechter, um die interne sowie externe Kommunikation zu gewährleisten und zu stärken: Warum und wo werden Toiletten für alle Geschlechter eingerichtet? Wie sind sie gekennzeichnet?
  • In den Campusplänen wird eine Übersicht über die Standorte der WCs für alle Geschlechter erstellt.
  • Toiletten für alle Geschlechter sollten, wie grundsätzlich alle Toiletten, nicht an abgelegenen Orten eingerichtet werden. Toiletten müssen sichere, diskriminierungs- und gewaltfreie Orte sein.
  • Piktogramme, die ein „drittes Geschlecht“ grafisch darzustellen versuchen, sind potentiell diskriminierend und daher nicht zu empfehlen.
  • Es wird davon abgeraten, standardmäßig ausschließlich bereits vorhandene rollstuhlgerechte Toiletten als Toiletten für alle Geschlechter zu deklarieren. Dadurch kann es zu neuen Hürden kommen, z. B. wenn für den Zugang zur Toilette ein Euro-Schlüssel erforderlich ist. Zudem werden Menschen mit Behinderung eigene Räume und die Möglichkeit einer schnellen Nutzung der WC-Anlagen genommen.

Neben Toiletten sind Umkleidekabinen und weitere sanitäre Anlagen wie Duschen (z. B. im Hochschulsport) Orte, an denen trans*, inter* und nicht-binäre Menschen Diskriminierungen erfahren. Die Einrichtung von abschließbaren, nicht geschlechtergetrennten Umkleide- und Duschkabinen sorgt für genügend Privatsphäre und Schutz für alle Sportler*innen.

Good-Practice-Beispiel für All-Gender-Toiletten

Universität zu Köln
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Good-Practice-Beispiel für Umkleiden

Georg-August-Universität Göttingen

Aus den Handlungsempfehlungen für Geschlechtervielfalt an Hochschulen ergeben sich vielfältige Prozesse und Maßnahmen. Im Rahmen der Umsetzung ist es unabdingbar, die Expertise von Betroffenen konsequent einzubeziehen sowie entsprechende Ressourcen bereitzustellen.


[1] Der Begriff „cis“ wird verwendet für Personen, die sich mit dem Geschlecht identifizieren, welches ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, mehr dazu hier.

Veröffentlichungen und Materialien der bukof:

2022, aktualisiert, barrierearm

Handlungsempfehlungen für Geschlechtervielfalt an Hochschulen